8730 Alumni Netzwerk Bad Kissingen

Alumni stellen sich vor: Dr. Ulrich Klaus Fetzner, Ph.D.


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Steckbrief: Dr. Ulrich Klaus Fetzner, Ph.D.

Geburtsjahr 1974
Letztbesuchte Schule in Bad Kissingen Jack-Steinberger- Gymnasium
Schulabschluss im Jahr Abitur in 1994
Studium Humanmedizin
Heute tätig als Geschäftsführender Oberarzt am Universitätsklinikum in Minden, Chirurg, Unternehmensberater
(Wohnort) Arbeitsort, Land (Bochum) Minden, Deutschland

Interview: Dr. Ulrich Klaus Fetzner, Ph.D.

Alumni-Netzwerk: Uli, du hast 1994 Abitur in Bad Kissingen gemacht. Hand aufs Herz: Bist du gern in die Schule gegangen? Erzähl doch mal ein bisschen…

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Ja, grundsätzlich bin ich sehr gern in die Schule gegangen. Die Grundschulzeit in Reiterswiesen und Arnshausen war retrospektiv unbekümmert. Die Gymnasialzeit verlief bei mir notentechnisch allerdings nicht so ganz problemlos. Hier stand mit "gerne in die Schule gehen" mehr die soziale Interaktion im Vordergrund. Ich habe mich auf den Schulweg, die Busfahrt und die Pausen gefreut und auf wenige Fächer, die ich interessant fand. Das gipfelte dann auch in einer "Ehrenrunde" in der 11. Klasse.

Alumni-Netzwerk: Gab es Lehrerinnen und/oder Lehrer, die deine spätere Berufsentscheidung maßgeblich beeinflusst haben? Wenn ja, welche bzw. welcher und warum?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Ja, das war ganz klar, Herr Krieg im Bio-Leistungskurs. Er konnte nicht nur für das Fach begeistern, sondern war für mich auch menschlich und als Person ein Vorbild. Das galt aber auch für Herrn Dr. Peter, der mir die Grundlagen des Schreibens und die Herangehensweise an wissenschaftliches Arbeiten und Aufsätze vermittelte. Oft denke ich auch an Herrn Röhrle, den Kunstlehrer zurück, der einem vieles vermittelte, das man erst später im Leben verstanden hat. Aber auch das Ehepaar Gusinde mit Musik und Englisch, sie waren für mich wirkliche Gymnasiallehrer-Persönlichkeiten. Wenn man zurückdenkt, sind es oft nur Schlaglichter und Situationen, die einem im Gedächtnis bleiben. Da gab es die Situation, dass im Sportunterricht Mitschüler einen adipösen (Anm. d. Red.: übergewichtigen) Schüler auslachten. Unser Sportlehrer Herr Fix nahm das zum Anlass, allen unmissverständlich klarzumachen, dass es Diskriminierung in seinem Sportunterricht nicht gibt. Er lobte hingegen den Schüler für seinen individuellen Einsatz und seine persönliche und relative Leistung, auch wenn er in absoluten Ergebnissen hintenanstand. Ich würde gern noch weitere aufzählen. Es ist aber klar, dass die Person der Lehrerin oder des Lehrers mehr bedeutet als "Wissensvermittlung." Schüler erkennen und lernen auch Charakter, Persönlichkeit und Weltanschauung von ihren Lehrern.

Alumni-Netzwerk: Wie sahen deine Stationen nach der Schulzeit aus?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Als erstes war ich bei der Bundeswehr, damals gab es ja noch die Wehrpflicht. Danach studierte ich in Würzburg Humanmedizin. Das praktische Jahr absolvierte ich in der Schweiz. In Bad Neustadt begann ich meine Ausbildung zum Chirurgen. Ich wechselte dann an die Universitätsklinik Köln, wo ich den Grundstein für meine heutige Tätigkeit mit Spezialisierung auf die Speiseröhrenchirurgie und Tumorchirurgie legte. Erste Oberarztstelle dann an der Uni Essen. Es folgten leitender Oberarzt und Direktorenstellvertreterstelle in Gelsenkirchen und Bielefeld und dann schließlich meine heutige Position in Minden, die Teil der Ruhr-Universität Bochum ist, wo ich auch wohne. Da Tumore der Speiseröhre in China häufiger vorkommen als in Europa, war ich 2019 länger in mehreren Städten in China zum Austausch.

Alumni-Netzwerk: Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Ok: Um 7:00 Uhr gehe ich in die Klinik, orientiere mich, kurz was in der Nacht passiert ist und ob die Tagesplanung vom Vortag noch steht. Denn es können Betten fehlen, Personal erkrankt sein oder gerade Operationen stattfinden, die zu Zeitverschiebungen führen. Es kann auch mal sein, dass ein Patient aus vielerlei Gründen nicht operiert werden kann. Dann steht auf einmal ein Saal leer. Klingt banal, aber 10 Minuten OP-Kapazität kosten etwa 500 €. Man kann leicht ausrechnen, was passiert, wenn eine 6-Stunden-Operation ausfällt. Dann gilt es andere Patienten vorzuziehen, was aber ebenso nicht banal ist, denn Operationen müssen immer gut vorbereitet sein. Ich sehe dann nach den von mir operierten Patienten, nach Problemfällen von Kollegen, dann visitiere ich die Intensivstation und sehe nach den am schwersten Erkrankten. Um 8:00 Uhr haben wir unsere Frühbesprechung. Ab 8:30 Uhr operiere ich meistens, oft bis nachmittags. Dazwischen und während den OPs Telefonate. Nach dem OP habe ich Sprechstunde oder treffe Industrievertreter, Studenten, Doktoranden, Mitarbeiter mit Problemen gleich welcher Art, Angehörige, Stellenbewerber. Am frühen Abend OP-Berichte schreiben, Entlassbriefe gegenlesen, korrigieren, Anträge bearbeiten, Stellungnahmen, Korrespondenz, mit Hausärzten telefonieren. Bevor ich die Klinik verlasse mache ich nochmal die gleiche Runde wie am Morgen und sehe nach meinen operierten Patienten. Der Abend ist für Wissenschaft, für die eigene Fortbildung und manche Nacht muss man auch nochmal in die Klinik, auch mal nachts um 3 Uhr, wenn ein Patient z.B. nachblutet oder jüngere Kollegen Unterstützung benötigen.

Alumni-Netzwerk: Gibt es eine Anekdote aus der Schulzeit oder aus der Zeit in Bad Kissingen, die du mit uns teilen willst?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Wie ich zu meinem Latinum „kam". Ich war zum zweiten Mal in der 11. Klasse und stand in Latein wieder eher auf 5 als auf 4. Ich brauchte aber die 4. Es hing an einer Arbeit, in der ich rechnerisch eine 2 benötigte. Eigentlich unmöglich (für mich). Aber folgende Besonderheit: Die damalige Lateinlehrerin gab eine Woche vor der Schulaufgabe den spezifischen Wortschatz zum "Vorlernen" an. Und es war der Dichter bekannt, dessen "Epigramme" übersetzt werden mussten. Ich kaufte mir das Buch mit den gesammelten Werken, identifizierte alle Epigramme mit den genannten Wörtern und lernte die Übersetzung auswendig. Von ca. zehn Versen kamen drei dran, die ich fast fehlerfrei "übersetzte." Die 4 war die Jahresnote und das Latinum "gerettet."

Alumni-Netzwerk: Was war das Beste, das dir im (Berufs-)Leben widerfahren ist?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Also privat: Die Geburt unserer Tochter im Coronajahr 2020 zusammen mit meiner wundervollen Partnerin, die ich in Köln kennengelernt habe. Beruflich der Entschluss 2008 an die Universität Köln zu wechseln und nachfolgend immer den Mut zur Veränderung und für das Annehmen von Herausforderungen.

Alumni-Netzwerk: Was würdest du heutigen Schulabgängerinnen und Schulabgängern raten?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Bei einer Leidenschaft zu bleiben, sich nicht von "Prognosen" von Berufsberatern von der Sache, für die man "brennt", abhalten zu lassen.

Alumni-Netzwerk: Wie könnten Voraussetzungen aussehen, unter denen du nach Bad Kissingen zurückkehren würdest?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Also ich komme schon jetzt regelmäßig und gerne nach Kissingen zurück. Klar, momentan nur privat. Die Art von Chirurgie, die ich betreibe, ist an sehr große Kliniken gebunden, die gibt es (noch) nicht in Kissingen. Und meine Partnerin ist in NRW verbeamtet. Also nicht ganz so leicht. Fakt ist – und da sind sich alle "Ehemaligen" einig – Kissingen wird immer schöner, je mehr man sonst von der Welt so sieht. Kissingen ist einzigartig in der Kombination von Größe, Eleganz, Gepflegtheit, kulturell, als Gesundheitsstandort und vonseiten der Lebensqualität. Und gleichzeitig ist das Leben in Kissingen einfach und überschaubar.

Alumni-Netzwerk: Hast du eine Botschaft oder einen Gruß an die anderen Bad Kissinger Alumni und an Bad Kissingen?

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Ich freue mich über diese tolle Initiative unter unserem neuen OB Dr. Vogel, ein Alumni-Netzwerk zu gründen. Es wird das Networking erleichtern und strukturieren, verbindlicher machen. Ich möchte deshalb die Botschaft senden, hier mitzumachen, mitzugestalten. So können wir die gemeinsame Erinnerung an unsere Heimatstadt pflegen und wachhalten und gleichzeitig an der zukünftigen Gestalt – als fortbestehender Lebens- und sicher für viele auch wieder zukünftiger Arbeitsraum – mitarbeiten.

Alumni-Netzwerk: Vielen Dank für dein Interview und alles Gute. Bis bald hoffentlich in Bad Kissingen.

Dr. Ulrich Klaus Fetzner: Gerne, bis bald.

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