Alumni stellen sich vor: Ilka Gröschel (geb. Schulz)
Steckbrief: Ilka Gröschel (geb. Schulz)
Geburtsjahr | 1964 |
Letztbesuchte Schule in Bad Kissingen | Jack-Steinberger-Gymnasium |
Schulabschluss im Jahr | Abitur 1984 |
Berufsausbildung | Freischaffende Künstlerin, Regisseurin, Lehrkraft |
Studium/Weiterbildungen | Studium der freischaffenden Kunst: Bildhauerei, Kunsthochschule Berlin; Postgraduiertenstudium Film/Fernsehen, Medienhochschule Köln |
Heute tätig als | Lehrkraft für Kunst |
(Wohnort) Arbeitsort, Land | Von Deutschland nach Österreich; nach England; Dänemark und wieder zurück nach Bad Kissingen |
Interview: Ilka Gröschel
Alumni-Netzwerk: Ilka, du hast 1984 Abitur in Bad Kissingen gemacht. Hand aufs Herz: Bist du gern in die Schule gegangen? Erzähl doch mal ein bisschen…
Ilka Gröschel: Ich bin schon gerne zur Schule gegangen. Im ersten Jahr am Gymi war ich vielleicht etwas überfordert mit den Neuerungen wie z.B.: Latein als erste Fremdsprache; große Klassen; höhere Anforderungen ans selbstständige Lernen. Es hatte eine Zeitlang gedauert, bis ich mich eingefunden hatte. Doch dann konnte ich mich selbst gut zum Lernen motivieren. Je mehr Wissen ich mir angeeignet hatte, desto mehr Spaß hat mir die Schule dann auch gemacht.
Alumni-Netzwerk: Gab es Lehrerinnen und/oder Lehrer, die deine spätere Berufsentscheidung maßgeblich beeinflusst haben? Wenn ja, welche bzw. welcher und warum?
Ilka Gröschel: Ja, ganz klar steht da an erster Stelle Hildegard Kirchner, unsere damalige Kunstlehrerin. Als Schüler des ersten Kunst-Leistungskurses waren wir so etwas wie Pioniere und haben uns gemeinsam in das Abenteuer: “mit Kunst zum Abitur” geworfen. Unsere Mitschüler haben uns damals vielleicht belächelt, doch dafür machten wir die cooleren Reisen: wie z.B. nach Paris zur Kathedrale von Notre Dame, Louvre und Eiffelturm oder zur Alten Pinakothek nach München zu fahren. Frau Kirchner hat mich dergestalt inspiriert, dass ich später in Berlin Kunst studierte.
Dann war da noch Herr Herbst mit seiner Theaterwerkstatt. Er hat mich gelehrt, über meinen Schatten zu springen und einzutauchen in eine andere Rolle auf der Bühne. Das hat mir für meinen späteren Beruf als Regisseurin geholfen.
Dr. Peter hat mich im Leistungskurs Englisch auf meine späteren Jahre im Ausland bestens vorbereitet.
Alumni-Netzwerk: Wie sahen deine Stationen nach der Schulzeit aus?
Ilka Gröschel: Die erste Station nach der Schule war Kassel. Dort habe ich mich selbstständig gemacht und ein Tanzstudio eröffnet. Später ging ich nach Berlin um Kunst zu studieren und für Christoph Schlingensief zu arbeiten. Nach dem Diplom und Meisterschülerdiplom studierte ich postgraduiert an der Kunsthochschule für Medien in Köln im Fach Film und Fernsehen. Gegen Ende des Studiums begann ich für Arte, 3Sat und den WDR Dokumentar-und Kurzspielfilme zu realisieren. Später zog ich beruflich nach Österreich und leitete dort die Video-Abteilung der Fachhochschule Salzburg. In England war ich verheiratet; brachte dort zwei wunderbare Kinder zur Welt; arbeitete für ein Kriegsmuseum, Technikmuseum und die dortige Uni. Die bisher letzte Runde im europäischen Ausland war Dänemark. Dort unterrichtete ich an einem internationalen Internat die 9. und 10. Klassen. Zurück in Deutschland war ich als Lehrkraft an verschiedenen Schulen und Schulformen tätig, bis ich dann heimatnah einer festen Schule zugeteilt wurde.
Alumni-Netzwerk: Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Ilka Gröschel: Es kommt auf die Klasse an. Neben dem normalen Unterrichtsstoff kommen auch manchmal Störungen vor, die zuerst bearbeitet werden müssen: wenn es z.B. Unstimmigkeiten unter den Schülern gegeben hat; wenn jemand unruhig ist, weil etwas nicht passt oder sich ein Schüler ausgebootet fühlt, etc. Dann besprechen wir das in der Klasse. Das kostet zwar wertvolle Unterrichtszeit, doch die Investition lohnt sich, damit danach alles wieder gut weitergehen kann.
Alumni-Netzwerk: Gibt es eine Anekdote aus der Schulzeit oder aus der Zeit in Bad Kissingen, die du mit uns teilen willst?
Ilka Gröschel: Bei dem Theaterstück “Die Kleinbürgerhochzeit” saßen wir alle an einer langen Tafel auf der Bühne in der Aula. Wir hatten zuvor geprobt, jedoch niemals die Krüge mit Wasser gefüllt oder die Teller mit echtem Essen beladen. Bei der Aufführung stellte sich heraus, dass wir damit nicht so gut umgehen konnten, so dass es auch locker und natürlich aussah. Bei meiner Szene beispielsweise goss ich Maximilian du Prel von oben bis unten mit Wasser voll, da ich den Schwung mit dem Krug zuvor immer nur leer ausprobiert hatte. Sein erschrockenes Aufspringen passte jedoch gut zu der Situation im Stück. Kein Zuschauer bemerkte, dass es eigentlich ein Missgeschick meinerseits war.
Alumni-Netzwerk: Was war das Beste, das dir im (Berufs-)Leben widerfahren ist?
Ilka Gröschel: Bereits während des Studiums arbeitete ich für verschiedene Projekte des Theaterregisseurs Christoph Schlingensief wie zum Beispiel für die Programmplanung des Wahlkampfzirkus Chance 2000 mit Tourneen durch Deutschland und Österreich; die Errichtung von Obdachlosenpfählen in Graz; soziale Skulpturen und für viele weitere seiner Kunst-und Theater Aktionen. Damals war Schlingensief in aller Munde und die Arbeit mit ihm und seinem Team gehörte mit zu den intensivsten und herausforderndsten Projekten, die ich bis dato bewältigt hatte. Zum engsten Schlingensief-Team gehört zu haben war für spätere Arbeitgeber Grund genug, mich als stressgeprüft, innovativ und unerschrocken zu klassifizieren.
Ein paar Jahre später erhielt ich als Regisseurin gemeinsam mit meiner Kollegin eine Drehbuchförderung für einen Kino-Dokumentarfilm. Wir bereisten nach langer Vorbereitung die Welt und recherchierten dort verschiedene Arten wie Menschen wohnen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl so sorglos in die verschiedenen Länder; Kulturen; Klima-und Zeitzonen eintauchen zu können. Durch den Beruf des Filmemachers war es möglich in Bereiche vorzudringen, die einem normalen Touristen verborgen geblieben wären.
Alumni-Netzwerk: Was würdest du heutigen Schulabgängerinnen und Schulabgängern raten?
Ilka Gröschel: Lasst euch nicht so verrückt machen von Erfolgsdruck und Berufswahl. Fragt euch vielmehr: wie möchte ich, dass mein Leben aussieht und was muss ich dafür tun, damit es so wird wie ich es mir vorstelle? Es könnte mit der Frage beginnen: was macht mir Freude; was macht mich traurig? Was sind meine Stärken; wo sind meine Schwachpunkte? Für wen bin ich da? Wie kann ich meine Talente, Neigungen, Fähigkeiten so nutzen, dass sie anderen dienen?
Alumni-Netzwerk: Du bist wieder nach Bad Kissingen zurückgekehrt. Was war dafür ausschlaggebend?
Ilka Gröschel: Ausschlaggebend war die Entscheidung wie sich die Schullaufbahn für die Kinder gestalten sollte und in welcher Sprachlandschaft sie aufwachsen sollten. Da die Einschulung meiner Tochter bevorstand und sich mein Elternhaus anbot, lag es nahe wieder in die alte Heimat zurückzukehren. Während der Jahre im Ausland hatte ich oft Sehnsucht nach zuhause. Ich habe hier eine gute Kindheit verbracht und Freiheiten auf dem Land genossen, welche meine Kinder aus der Stadt nicht kannten. Ich wollte ihnen ein gutes Umfeld bieten und bin dankbar, dass sich für mich die Möglichkeit ergab, diesen Traum für meine kleine Familie realisieren zu können.
Alumni-Netzwerk: Hast du eine Botschaft oder einen Gruß an die anderen Bad Kissinger Alumni und an Bad Kissingen?
Ilka Gröschel: Beklagt euch NIE über schlechtes Wetter in Bad Kissingen (in Manchester regnet es gefühlt jeden Tag). Freut euch am Gesundheitssystem und jammert NIE darüber (es geht auch gaaanz anders zu in anderen Teilen der Welt). Und zu guter Letzt: freut euch an der fränkischen Küche und an gutem Brot ;-) Carpe Diem!
Alumni-Netzwerk: Vielen Dank Ilka für das Interview und alles Gute.