ELSE KISSINGER (1879 - 1942?), geb. Kissinger, Hausfrau, Hemmerichstraße 8
Mit fast 39 Jahren heiratete sie ihren verwitweten Cousin Isidor Kissinger, der ebenfalls aus Bad Kissingen stammte, und zog zu ihm nach Nürnberg. Isidor hatte mit seiner verstorbenen ersten Frau acht Kinder, die zum Zeitpunkt der Eheschließung mit Else zwischen 12 und 19 Jahre alt waren. So hatte sie nun für eine große Familie zu sorgen. Else selbst blieb kinderlos. Den Familienunterhalt verdiente Isidor Kissinger als Mitinhaber der Firma „Zentner und Kissinger Bürsten- und Lederfabrikation“.
Als ihr Mann nach 17 Jahren Ehe am 2. September 1935 im Alter von 65 Jahren starb, war Else 56 Jahre alt. Nur wenige Tage später, am 15. September, erließ der Reichsparteitag in Nürnberg die sogenannten Nürnberger Gesetze, die Else, wie allen anderen jüdischen Bürgern, weite Teile der Bürgerrechte entzogen. Nach mehreren Umzügen wohnte Else ab Ende November 1938 in der Blumenstraße 11 in Nürnberg, gemeinsam mit ihren ebenfalls alleinstehenden Geschwistern Siegfried und Emma. In dieser Zeit, 1939 und 1940, musste Else Kissinger beim Leihamt der Stadt Nürnberg Silberbesteck und Silberwaren sowie Schmuck abgeben und bekam nur einen Bruchteil des Wertes gezahlt. Dies geschah aufgrund einer Verordnung vom 21. Februar 1939, die alle jüdischen Bürger zwang, bis auf weniges alle Gegenstände aus Edelmetallen, Edelsteine und Perlen abzuliefern.
Die schlimmste Phase im Leben der inzwischen 63-Jährigen begann am 27. Februar 1942. Sie wurde verhaftet und ins Polizeigefängnis Nürnberg gebracht. Der Grund der Inhaftierung war „verbotener Umgang mit Deutschblütigen“. Am 14. März wurde sie von Nürnberg ins Gerichtsgefängnis Fürth überstellt. Ob sie von dort deportiert wurde oder nochmal zu ihren Geschwistern zurückkehren konnte, ist nicht bekannt.
Am 24. März 1942 wurde sie von Nürnberg nach Izbica deportiert. Nach dreitägiger Fahrt kam der Transport dort am 27. März an. Hier verlieren sich Else Kissingers Spuren. Sie gilt als verschollen.
Stolperstein-Paten: Hermann und Hannelore Hohensee
Text: Barbara Thiele
Bild: Stadtarchiv Nürnberg, C21/VII Nr.446