HIRSCH ADLER (1875 - 1942), Manufakturwarenhändler, Hartmannstraße 5
Die Einnahmen aus dem Geschäft reichten kaum aus, um den Lebensunterhalt der großen Familie zu sichern, zu der zeitweise auch Hirsch Adlers Schwiegermutter und seine Schwester Jeanette gehörten. Deshalb war Hirsch Adler vor allem in den Wintermonaten gezwungen, in den Nachbardörfern seine Waren zu verkaufen. Durch den Boykott der jüdischen Geschäfte im April 1933 wurde die finanzielle Lage der Adlers noch schwieriger. Nachdem die drei älteren Kinder Bad Kissingen verlassen hatten, zog Hirsch Adler mit seiner Frau, der jüngsten Tochter Suse und seiner Schwester im September 1936 in die Promenadestraße, Anfang November 1938 dann in die Hartmannstraße 5. Hier wurde bereits am 22. September 2010 ein Stolperstein für Tochter Suse verlegt.
Nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wurde Hirsch Adler wie viele Kissinger Juden verhaftet und in das KZ Dachau gebracht. Von dort kehrte er - so berichtete später seine Enkelin Tirza Cohen – gedemütigt und deprimiert zurück. Er hatte im Ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft, war verwundet worden und habe nicht begreifen können, was jetzt geschah. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Dachau habe er all seine Bücher weggeworfen und gesagt, er sei nicht länger in der Lage, deutsche Dichtung und Literatur zu lesen.
Hirsch Adler versuchte, sich in den Niederlanden in Sicherheit zu bringen, und fuhr im Februar 1939 zur Hochzeit seiner Tochter Lotte nach Scheveningen, die bereits seit 1934 dort arbeitete. Es gelang ihm auch noch, im Juli 1939 seine jüngste Tochter Suse aus Kissingen nachzuholen, bevor er im Dezember 1940 allein nach Almelo umzog. Doch auch die Flucht nach Holland konnte Hirsch Adler und seine Tochter Suse nicht retten. Er wurde im Jahr 1942 vermutlich von Westerbork aus ins KZ Auschwitz deportiert und kam dort ums Leben. Als Todesdatum gilt der 19. Oktober 1942.
Stolperstein-Patin: Marianne Weldy
Text: Marlies Walter