KONRAD KAISER (1894 - 1940), Arbeiter, Jahnstraße 35

Konrad Kaiser wurde als Sohn des Müllers Michael Kaiser und dessen Ehefrau Maria, geb. Schlereth, am 30. Dezember 1894 in Oberthulba geboren und katholisch getauft. Zur Familie gehörte auch Stiefbruder Anton Kaiser.
 


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Kaiser besuchte die Volksschule und lernte vom 15. bis 18. Lebensjahr das Bäckerhandwerk. Im Ersten Weltkrieg wurde er 1914 als 19-Jähriger in Mainz gemustert, aber als untauglich für den Dienst an der Waffe eingestuft. Deshalb war er bis Kriegsende im November 1918 beim Armierungsbataillon 45 in Breslau stationiert.

Nach dem Krieg wohnte Kaiser zunächst in Untererthal bei Hammelburg. Am 27. Juli 1920 meldete er sich in Garitz an, wo er im Haus Nummer 73 wohnte (heute: Jahnstraße 35). Dort heiratete er am 10. Januar 1921 Maria Margarete Wehner, verwitwete Mainberger, die bereits von ihm schwanger war. Am 4. Mai wurde Tochter Amanda Maria geboren, später verheiratete Lay. Zu dieser Zeit arbeitete Kaiser nicht mehr als Bäcker, sondern verdiente sein Geld als Arbeiter in der Landwirtschaft.

1930 trat Kaiser den später von den Nazis verbotenen Ernsten Bibelforschern bei, einer christlichen Glaubensgemeinschaft innerhalb der Zeugen Jehovas. Sein Leidensweg begann am 10. März 1937, als er sich aus Glaubensgründen weigerte, einen Fragebogen zur Anlegung einer Wehrstammkarte auszufüllen und zu unterschreiben. Trotz mehrfacher Aufforderung erklärte er: „Das kommt für mich nicht infrage.“ So wurde es amtlich protokolliert. Schließlich füllte er zwar doch den Fragebogen aus, verweigerte aber seine Unterschrift mit dem Kommentar: „Aufgrund meines Glaubens unterschreibe ich nicht. Ich bin auf alles vorbereitet.“

Noch am selben Tag wurde der Schutzhaftbefehl ausgestellt, da Kaiser „eine Gefahr für den allgemeinen Wehrwillen des deutschen Volkes“ bilde und bewusst die staatliche Autorität untergrabe. Kaiser wurde in Schutzhaft genommen und beim Bau der Kissinger Kaserne eingesetzt, wie er wenige Tage später in seinem Lebenslauf selbst schrieb. Er gehöre keiner Partei oder politischen Organisation an, habe kein Vermögen und wohne in Garitz mit Ehefrau und Tochter zur Miete.

Der Schutzhaftbefehl zur Einweisung ins KZ Dachau wurde am 12. März von der Staatspolizeileitstelle München bestätigt. Es sei „gegen diese staatsfeindlichen Elemente [die Bibelforscher] mit aller Schärfe vorzugehen“. Zusätzlich denunzierte ihn noch der Garitzer Bürgermeister Michael Drescher in einem Schreiben vom 15. März 1937 bei der Gestapo: Kaiser sei als einziger Einwohner niemals zur Wahl gegangen.

Am 20. März 1937 traf Kaiser im KZ Dachau ein. Nach mehr als drei Monaten bemühte sich das Kissinger Bezirksamt mit Schreiben vom 3. Juli 1937 um Kaisers Entlassung. Kaiser werde „nirgends ernst genommen und er wirkt überall, wo er seine Idee äußert, lächerlich“. Selbst die Kissinger Kreisleitung der NSDAP sei der Ansicht, dass Kaiser entlassen werden könne. Am 16. September 1937 lehnte der Dachauer Lagerkommandant allerdings Kaisers Entlassung wegen dessen „staatsfeindlicher“ Gesinnung ab und drohte sogar, im Falle einer Entlassung sich beim Reichsführer SS Himmler zu beschweren.

Sechs Monate später, am 17. März 1938, gab Kaiser im KZ Dachau zu Protokoll:

1. "Ich bin nach wie vor ernster Bibelforscher und Zeuge Jehovas.
2. Ich kann keine andere Obrigkeit als die Jehovas anerkennen und erkenne deshalb die deutsche Regierung als Obrigkeit nicht an.
3. Ich werde auch im Falle eines Krieges mein Vaterland nicht mit der Waffe verteidigen.
4. Ich erkenne den deutschen Gruß nicht an.“

In einem Bericht der Gestapo Würzburg vom 13. Juni 1938 an die vorgesetzte Behörde in Berlin wurde Kaiser auch deshalb als „fanatischer Anhänger der Ernsten Bibelforscher“ bezeichnet. In strafrechtlicher und politischer Hinsicht sei über ihn allerdings nichts bekannt, wurde in dem Brief ausdrücklich vermerkt.

Nach zweieinhalb Jahren in Dachau wurde Kaiser am 27. September 1939 ins KZ Mauthausen bei Linz überstellt. Nur sechs Monate später starb er dort als Häftling 11.928 am 27. März 1940 gegen 4 Uhr. Der Lagerarzt bestätigte als offizielle Todesursache die Ruhr-Krankheit bei gleichzeitiger Herz- und Kreislaufschwäche. Die Leiche sei in „stark reduziertem Ernährungs- und Kräftezustand“. Für eine Gewalteinwirkung lägen keine Anhaltspunkte vor. In einem Abschlussbericht vom 2. April 1940 heißt es, Kaiser sei neun Tage zuvor, am 18. März, wegen seiner Ruhr-Erkrankung ins Sonderrevier aufgenommen worden.

Die Angehörigen seien über Kaisers Tod verständigt, die Leiche dem Krematorium in Steyr zur Einäscherung übergeben worden. Zur Übernahme der Bestattung auf Staatskosten werde eine Mittellosigkeitsbescheinigung der Angehörigen erbeten.

Den Hinterbliebenen sei später, so erinnert sich heute sein Enkel Peter Kaiser aus Erzählungen in der Familie, als einzige Hinterlassenschaft ein Pullover übergeben worden. Dieser habe mehrere Schusslöcher aufgewiesen.


Stolperstein-Paten: Helga und Peter Kaiser
Text: Sigismund von Dobschütz

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