HANNCHEN LÖWENTHAL (1855 - 1942), geb. Oberzimmer, Hausfrau, Hartmannstraße 5

Hannchen Löwenthal kam am 7. April 1855 als zweites von drei Kindern des Glasermeisters Oscher Oberzimmer und dessen Frau Luise, geborene Löwenthal, in Bad Kissingen zur Welt. Der Vater, der wie auch seine Ehefrau alteingesessenen jüdischen Familien angehörte, führte in der Badgasse eine Handlung für Spiegel und Glaswaren. Bei Hannchens Geburt gab es bereits ihren dreijährigen Bruder Heinrich, drei Jahre später wurde ihre Schwester Henriette geboren.
 

Nur einen Monat vor ihrem 20. Geburtstag heiratete Hannchen am 8. März 1875 den 27-jährigen Moses Löwenthal, in Bad Kissingen am 16. Februar 1848 geboren als Sohn des Simon Löwenthal und dessen Ehefrau Jette, geborene Neuburger. Diese eheliche Verbindung mag aus heutiger Sicht ungewöhnlich erscheinen, denn Moses war der jüngere Bruder ihrer Mutter Luise. Hannchen heiratete also ihren nur sieben Jahre älteren Onkel, dem knapp drei Monate zuvor am 29. Dezember 1874 das Bad Kissinger Bürgerrecht verliehen worden war.

Moses Löwenthal wurde in den Akten des Stadtarchivs zunächst als Viehhändler, später auch als Kurhausbesitzer geführt. Das Kurhaus muss Hannchens Elternhaus (Hartmannstraße 5) gewesen sein, denn spätestens 1880 war das junge Ehepaar dort gemeldet und später wurden auch alle drei Töchter in diesem Haus geboren: 1887 kam Hedwig hier zur Welt, später verheiratet mit dem Kaufmann Abaraham Haas. 1889 wurde Ida, später verheiratete Neuburger, hier geboren. Die jüngste Tochter Camilla, in Frankfurt am Main verheiratet mit Julius Michels, kam 1890 hier zur Welt. Während Ehemann Moses schon 1915 im Alter von nur 67 Jahren verstarb, kamen Hannchen Löwenthal und ihre drei Töchter drei Jahrzehnte später im Holocaust um.

Wegen ihres hohen Alters von 87 Jahren wurde Hannchen Löwenthal nicht wie andere Bad Kissinger Juden am 24. April 1942 nach Polen ins KZ Izibica nahe Lublin deportiert, sondern zunächst am 1. Mai nach Würzburg ins Jüdische Alten- und Krankenheim in der Dürerstraße 20 verbracht. Nach nur fünf Monaten wurde sie dann doch nach Polen ins Ghetto Thersienstadt deportiert, wo sie nur noch knapp sechs Wochen überlebte. Nach offizieller Todesfallanzeige starb Hannchen Löwenthal am 2. November 1942.


Stolperstein-Pate: Stammtisch ehemaliger Schüler/Innen der Anton-Kliegl-Schule

Text: Sigismund von Dobschütz

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