Die Feierstunde zur Gebietsreform: 50 Jahre Große Kreisstadt Bad Kissingen

Verfasser: Sigismund von Dobschütz


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Vor 50 Jahren kamen mit Vollzug der bayerischen Gebietsreform die acht benachbarten und bis dahin selbstständigen Dörfer Albertshausen, Arnshausen, Garitz, Hausen, Kleinbrach, Poppenroth, Reiterswiesen und Winkels als Stadtteile zur einst kreisfreien Stadt Bad Kissingen, die ab 1. Juli 1972 nun die Verwaltungsaufgaben als Große Kreisstadt übernahm.

Am 50. Jahrestag wurde in einer informativen Feierstunde vor geladenen Gästen aus Politik und Verwaltung sowie Vertretern örtlicher Institutionen und Vereine an diesen „historischen Verwaltungsakt“ erinnert. Für den musikalischen Rahmen des Festaktes sorgte ein Bläsersextett des Bad Kissinger Jugendmusikkorps unter Leitung von Matthias Zull.

„In den Verhandlungen mit den acht Dörfern wurden Kleinigkeiten oft überbewertet, aber das Große und Ganze nie in Frage gestellt.“ So beschrieb Eberhard Gräf, damals als juristischer Staatsbeamter im Landratsamt mit Kollegen für die Verhandlungen in den drei Altlandkreisen zuständig, die komplexen Vorbereitungen zur Umsetzung der Gebietsreform im künftig aus neun Ortsteilen bestehenden Stadtgebiet.

In einem speziell für diesen Festakt von Dokumentarfilmer Christian Beyer produzierten und mit unzähligen Fotos aus den 1970er Jahren bereicherten Film ergänzten die beiden Altstadträte Otto Funck (Freie Wähler) und Alfred Wacker (CSU), beide nach Jahrzehnten politischen Wirkens mit der goldenen Bürgermedaille geehrt, als „Männer der ersten Stunde“ das damalige Geschehen mit persönlichen Erfahrungen und einigen Anekdoten.

Einer ihrer Kollegen der ersten Stunde war auch Gustav Brand (SPD) aus Arnshausen, der am Tag der Feierstunde im Alter von 89 Jahren verstorben ist, wie 3. Bürgermeister Thomas Leiner (CSU) in seiner Begrüßung die Festgäste wissen ließ. Gemeinsam gedachte man dieses engagierten Politikers, der 30 Jahre lang dem Bad Kissinger Stadtrat angehört hatte.

„Vor 50 Jahren ging ein frischer Wind durch das Land Bayern“, meinte stellvertretender Landrat Emil Müller (CSU). „Die Gebietsreform war ein mutiges Anliegen, eine richtige Herkulesaufgabe.“ Denn im Gegensatz zur Stadt Bad Kissingen „mit ihren geborenen Strukturen, die sich zur Vereinigung aufdrängten, durch die alle Stadtteile profitierten“, stießen die Verantwortlichen in den drei Altlandkreisen auf erbitterten Widerstand einiger Gemeinden, was in solchen Fällen schließlich im Jahr 1978 zur Zwangseingemeindung führte. Die Reform war nach Müllers Meinung ein „notwendiges Erfolgsmodell“, denn „die Herausforderungen von heute wären mit damaligen Verwaltungsstrukturen gar nicht zu bewältigen gewesen“. Ob die heutige Struktur allerdings auch in weiterer Zukunft Bestand haben wird, muss sich noch erweisen. Die Aufgaben würden jedenfalls immer umfassender.

Einen Blick in die Zukunft wagte Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD). „Doch bevor man in die Zukunft schaut, ist es wichtig, objektiv zu wissen, wo man steht.“ Denn mit „Stimmung“ werde allzu oft Politik gemacht. Häufig würden „kritische Meinungsäußerungen einzelner Menschen, die zufällig, mittlerweile auch häufig vorsätzlich interviewt werden“, hervorgehoben oder verallgemeinert, meinte er mit Blick auf die Medien. Oder die Anzahl der Likes bei Facebook-Posts würden als Indikator gewertet. Es sei heute deshalb schwieriger geworden einzuschätzen, „was die Mehrheit wirklich denkt – auch in Bad Kissingen“.

Als objektive Antwort auf diese Frage präsentierte der Oberbürgermeister aktuelle Ergebnisse einer von ihm veranlassten und Anfang Juni vom Pragma Institut (Reutlingen) durchgeführten Befragung von 263 Bürgerinnen und Bürgern, repräsentativ nach Alter, Geschlecht, Bildung und Ortsteilen verteilt. Danach stimmen 86 Prozent der Befragten zu, dass man in Bad Kissingen gut leben könne. „Ich bin ein Kissinger/eine Kissingerin“ meinen 70 Prozent. Während 62 Prozent der Befragten glauben, manches habe sich in vergangenen Jahren in der Stadt verschlechtert, erwarten dies allerdings nur elf Prozent für die Zukunft Bad Kissingens. Als Gründe für diesen Zukunftsoptimismus wurden die wachsende Bekanntheit der Stadt und neue Chancen nach Verleihung des Welterbe-Titels genannt. Angesichts solcher positiven Umfrage-Ergebnisse meinte der Oberbürgermeister mit Blick auf die Stadtverwaltung: „Man darf kritisch mit uns sein, aber nicht überkritisch.“ Er werde jedenfalls seinen Teil dazu beitragen, „dass wir in eine gute Zukunft steuern“, und war sicher: „Die Bevölkerung ist auf unserer Seite.“

Abschließend verwies Kulturreferent Peter Weidisch auf eine Textsammlung zum 50. Jahrestag der Gebietsreform, die ab sofort auf www.badkissingen.de/gebietsreform abrufbar ist. Darin blicken die Autoren Thomas Ahnert und Peter Weidisch auf 50 Jahre zurück, während Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel in seinem Beitrag die Ergebnisse der Bürgerbefragung zusammenfasst. Eberhard Gräf erinnert an die aufreibenden Vorbereitungen zur Gebietsreform und die Altstadträte Funck und Wacker nehmen als deren Zeitzeugen dazu Stellung. Ein „Schmankerl“ ist das Interview von Thomas Ahnert mit „Dreggsagg“ Michl Müller, der als gebürtiger Garitzer noch immer behauptet, das Autokennzeichen „KG“ bedeute in Wahrheit „Königreich Garitz“.

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