8730 Alumni Netzwerk Bad Kissingen

Alumni stellen sich vor: Tina Büchner da Costa (geb. Büchner)


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Steckbrief: Tina Büchner da Costa (geb. Büchner)

Geburtsjahr 1978
Letztbesuchte Schule in Bad Kissingen

Gymnasium Bad Kissingen

Schulabschluss im Jahr

Abitur 1997

Studium

Luft- und Raumfahrttechnik, Universität Stuttgart

Heute tätig als

Raumfahrtingenieurin bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA

(Wohnort) Arbeitsort, Land

(Prag, Tschechien) Paris, Frankreich

Interview: Tina Büchner da Costa (geb. Büchner)

Alumni-Netzwerk: Tina, du hast 1997 Abitur in Bad Kissingen gemacht. Hand aufs Herz: Bist du gern in die Schule gegangen? Erzähl doch mal ein bisschen…

Tina Büchner da Costa: Ja, ich bin gerne zur Schule gegangen. Schließlich geht man ja auch in die Schule, um Freunde zu sehen und nicht nur zum Lernen ;-). Aber auch Schule an sich fand ich ok. Natürlich gab es Jahre und Fächer, die spannender waren als andere, aber soweit ich mich erinnern kann, hatte ich nie mit chronisch mangelnder Motivation zu kämpfen.

Alumni-Netzwerk: Gab es Lehrerinnen und/oder Lehrer, die deine spätere Berufsentscheidung maßgeblich beeinflusst haben? Wenn ja, welche bzw. welcher und warum?

Tina Büchner da Costa: Ich hatte echt Glück mit meinen Mathelehrern – besonders Herr Hein und Herr Kessler sind mir da in Erinnerung geblieben und beide haben maßgeblich dazu beigetragen, dass mir Mathe echt Spaß gemacht hat. Ich muss zugeben, dass ich die Methoden von Herrn Hein heute selbst bei meinen Kindern anwende: Gummibärchen-Mathe! :-) 
Bei Herrn Hein war das Gummibärchen die Belohnung für gutes Kopfrechnen – bei meinen Kids benutze ich sie in etwas größeren Mengen, um Divisionen anschaulicher zu erklären... funktioniert ganz gut.
Und bei Herrn Kessler hatte ich meinen Mathe-Leistungskurs. Da wurden die Grundlagen für mein Ingenieursstudium gelegt und sein guter Unterricht war für mich Gold wert.
Was mich außerdem geprägt hat, war der Astronomiekurs bei Herrn Blaschke – das war nur ein Wahlfach, aber meine Sehnsucht nach kosmischem Wissen wurde hier natürlich genährt und hat mich in meiner Studienwahl bestärkt.

Alumni-Netzwerk: Wie sahen deine Stationen nach der Schulzeit aus?

Tina Büchner da Costa: Zum Studium bin ich nach Stuttgart gezogen - das war damals die einzige Uni, die Luft- und Raumfahrttechnik als eigenständigen Studiengang schon im Vordiplom anbot und nicht nur als Vertiefungsrichtung des Maschinenbaustudiums.
Während der Studienzeit habe ich zwei Praktika gemacht – eines in Toulouse bei Airbus und eines in Kourou, in Französisch Guyana, von wo aus die Ariane-Raketen ins All starten. Diese Erlebnisse haben mich nachhaltig geprägt, vor allem Kourou. Die Abschlussarbeiten fürs Studium habe ich in München und Bremen gemacht und bin dann wirklich in die Raumfahrt eingestiegen, die mich bis heute nicht loslässt.
Es kamen noch einige wirklich besondere Erlebnisse für mich dazu: ich hatte die Chance, an der International Space University einen Kurs zu machen und war daher 3 Monate in Australien – zusammen mit über 100 anderen Raumfahrtbegeisterten aus der ganzen Welt, auch etwas, was mich unglaublich geprägt hat. Ein Jahr verbrachte ich in den Niederlanden bei der ESA (European Space Agency) in Noordwijk bei Leiden, und danach habe ich mich erstmal in Bremen niedergelassen, wo ich über 10 Jahre an großen Raumfahrtprojekten gearbeitet habe. Anfang 2017 bin ich dann mit meiner Familie (ich habe zwei Kinder) nach Prag gezogen – es war höchste Zeit für einen Tapetenwechsel. Und seit 2019 pendele ich von dort aus nach Paris und bereite mich auf den nächsten großen Raketen-Bodentest in Kourou vor.

Alumni-Netzwerk: Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?

Tina Büchner da Costa: Mein Arbeitsalltag besteht – wie der vieler anderer, vermute ich – aus Meetings und vielen Stunden vor dem Rechner. Gerne hätte ich etwas mehr Laufarbeit und wäre noch näher an den eigentlichen Produkten dran, das ist aber wirklich eher wenigen Ingenieuren in meiner Branche vergönnt. Genau deshalb freue ich mich auf die Testphase, wenn wir die neue Ariane-Rakete auf ihren neuen Startplatz bringen und dort nächstes Jahr alles testen werden.
Meine Aufgaben: Ich kümmere mich um zwei Projekte – das eine ist die Ariane 6. Hier bin ich damit beschäftigt, sicherzustellen, dass für die Tests und die Qualifikation der Rakete und des Bodensystems alle Prozesse und Dokumente da sind, die wir zum Betanken und Bedrücken der Systeme brauchen, sodass wir startbereit sind.
Das zweite Projekt, mit dem ich betreut bin, ist die Entwicklung einer sogenannten Kickstufe – das ist eine dritte, wiederzündbare Raketenstufe, die es den Satelliten erlaubt, verschiedene Umlaufbahnen anzufliegen, Konstellationen auszusetzen und somit den Raketen noch mehr Flexibilität bietet. Hier bin ich für die Entwicklung des Antriebssystems zuständig.

Alumni-Netzwerk: Gibt es eine Anekdote aus der Schulzeit oder aus der Zeit in Bad Kissingen, die du mit uns teilen willst?

Tina Büchner da Costa: Ehrlich gesagt war ich noch nie eine gute Geschichtenerzählerin – das ist so gar nicht meine Stärke. Ich bin eher die Zuhörerin, daher versuche ich es erst gar nicht.

Alumni-Netzwerk: Was war das Beste, das dir im (Berufs-)Leben widerfahren ist?

Tina Büchner da Costa: Das Beste, das mir im Leben widerfahren ist, ist eindeutig meine Familie und meine zwei Kinder, die für mich das größte Geschenk sind und auf die ich unglaublich stolz bin. 
Beruflich habe ich die besten Erinnerungen an meine Begegnungen mit anderen Raumfahrt-Freaks aus aller Welt – die Zeiten in Australien, die Gespräche mit Astronauten, die mit funkelnden Augen davon schwärmen, wie es sich anfühlt, die Erde von oben zu sehen, die Raketenstarts, die ich erleben durfte (ich habe zum Beispiel das allerletzte Space Shuttle starten und landen sehen) – all das sind unvergessliche Momente für mich, von denen ich noch heute zehre.

Alumni-Netzwerk: Was würdest du heutigen Schulabgängerinnen und Schulabgängern raten?

Tina Büchner da Costa: In einer Welt, in der man inzwischen alles werden kann und von überall arbeiten kann, ist es denke ich noch wichtiger als es sowieso schon immer war, dass man etwas findet, das wirklich Spaß macht und wofür man brennt. Ich würde jedem raten, nicht den Beruf zu wählen "der gerade gebraucht wird und/oder eine sichere Zukunft verspricht", sondern wirklich zu versuchen, die eigenen Interessen, Neigungen und Talente zu erkunden. Das ist manchmal gar nicht so einfach – aber es lohnt sich, sich selbst ein bisschen kennenzulernen, um ein Leben lang Freude am Arbeiten zu haben. Allerdings finde ich es auch wichtig, dass man keine Angst hat, sich neu zu erfinden, denn die Richtung, die man einschlägt, kann man auch wieder ändern. Und das allerwichtigste ist: Arbeit ist nicht alles. Aber ich glaube, das hat niemand so gut kapiert wie die heutigen Schulabgänger – da können eher wir von ihnen lernen als andersrum.

Alumni-Netzwerk: Wie könnten Voraussetzungen aussehen, unter denen du nach Bad Kissingen zurückkehren würdest?

Tina Büchner da Costa: Ich komme regelmäßig nach Bad Kissingen – da meine Mutter und meine Verwandtschaft in Bad Kissingen und Umgebung wohnen. Ich liebe die Gegend sehr und schätze jeden Moment, den ich dort verbringen kann. Zurückziehen werde ich vermutlich nie – sowohl das Berufsfeld, das ich gewählt habe, als auch die familiären Bindungen, die ich inzwischen habe, sind mit Bad Kissingen eher nicht kompatibel.

Alumni-Netzwerk: Hast du eine Botschaft oder einen Gruß an die anderen Bad Kissinger Alumni und an Bad Kissingen?

Tina Büchner da Costa: An die anderen Alumni würde ich gerne ein großes Dankeschön richten an alle, die wieder zurück sind – mit jedem von uns wird Bad Kissingen ein bisschen schöner und es bedeutet, dass die Gegend eine Zukunft hat. Diesen Beitrag kann ich selbst leider nicht leisten, aber ich freue mich über alle, die es tun. 
Diese Initiative mit dem Alumni-Netzwerk finde ich persönlich wirklich fantastisch – und ich hoffe, dass es dadurch Gelegenheiten geben wird, den ein oder anderen Alt-/Neu- und Wieder-Kissinger zu treffen, denn vor allem diejenigen von uns, die weggegangen sind, erkennen früher oder später, dass der Weggang wichtig war – aber irgendwie zieht es uns ja doch wieder zurück, weil's einfach schön ist in der Heimat! :-)

Alumni-Netzwerk: Vielen Dank für dein Interview und alles Gute.

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