Stadtblatt Ausgabe I, März 2024

Reise ins tschechische Teplice

Das Städtepartnerschaftskomitee Bad Kissingen e.V. streckt seine Flügel aus


Stadtführung Teplice

Seit vielen Jahrzehnten bereits pflegt das Städtepartnerschaftskomitee der Stadt Bad Kissingen enge Kontakte in die drei Partnerstädte Bad Kissingens, in das italienische Massa, nach Vernon unweit der französischen Hauptstadt sowie nach Eisenstadt, der Hauptstadt des Burgenlandes in Österreich. Dass aus diesen ursprünglich politischen Zweckbündnissen inzwischen über Generationen hinweg wahre Freundschaften gewachsen sind, beweisen die jährlichen Besuche in den Partnerstädten sowie die Gegenbesuche in der Kurstadt spätestens zum alljährlichen Rakoczy-Fest Ende Juli. Diese Städtepartner- oder gar Freundschaften sind, trotz oder gerade wegen der unermüdlichen Arbeit und dem schweißtreibenden Einsatz zahlreicher ehrenamtlicher Helfer, inzwischen ein wahrer Selbstläufer. 

Diese vielen Jahre der erfolgreichen Partnerschaftsarbeit, zu der nicht nur die reine Geselligkeit, sondern mindestens ebenso sehr der europäische Gedanke eines friedlichen, grenzübergreifenden und grenzenlosen Zusammenlebens zählt, motivieren zu neuen Projekten und zum Blick über den Tellerrand. So begab es sich, dass sich in der ersten Dezemberhälfte des vergangenen Jahres eine kleine Abordnung des Städtepartnerschaftskomitees auf den Weg ins benachbarte Tschechien machte, um die Möglichkeiten für zukünftige Kooperationen, Gemeinschaftsprojekte, Schüler- und Jugendaustausche und zur allgemeinen Zusammenarbeit auszuloten. Die Reise ging durch das dick verschneite Fichtelgebirge über Karlsbad und Chomutov in das im Norden Böhmens unweit der deutschen Grenze nach Sachsen gelegene Kurbad Teplice.

Herr Martin Rak, Lehrer am dortigen Gymnasium und Angehöriger der sudetendeutschen Minderheit, begrüßte die kleine Gruppe aus Bad Kissingen und präsentierte während einer kleinen Stadtführung, auf geradezu perfektem Deutsch, die reiche Geschichte und die pittoreske, historische Kurbadarchitektur seiner Heimatstadt Teplitz-Schönau, so der deutsche Name. Immer wieder kam er dabei auch auf die jüdische Geschichte des Ortes zu sprechen. Jüdische Kaufmänner und Industrielle machten die Stadt einst reich. Davon zeugen auch heute noch zahlreiche mondäne Villen im Stadtgebiet. Aber auch die zahlreichen prachtvollen Kurbadeanstalten, wie das Kaiserbad, das Schlangenbad oder das Steinbad im Kurgebiet zwischen den beiden Stadtteilen Teplitz und Schönau zeugen noch heute von der ehemals reichen Kurgeschichte und Badehauskultur der Stadt und schlagen einen kulturellen und historischen Bogen nach Bad Kissingen. 

Direkt am zentralen Schlossplatz mit seiner aus der Zeit Österreich-Ungarns stammenden, imposanten Dreifaltigkeitssäule, der Schlosskirche und der ebenso beeindruckenden Johanneskirche befindet sich das Regionalmuseum, in welchem die Gruppe mehr über die lange Geschichte der Stadt erfuhr. Darauf folgte ein Empfang beim Bürgermeister der Stadt Teplice, Herrn Jiří Štábl, sowie den Vertretern des Lions Clubs, um die Möglichkeiten einer zukünftigen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Kurstädten zu eruieren. Hier wurde klar, dass es nicht nur die reiche Geschichte als Kurbad ist, welche beide Städte teilen. Mit dem alljährlich zwischen Ende Mai und Ende Juni stattfindenden Ludwig-van-Beethoven-Musikfestival besitzt die Stadt seine eigene, hochkarätige Konzertreihe der klassischen Musik. Während Gäste aus Teplice bereits im letzten Jahr die Konzerte des Kissinger Sommers besuchen durften, steht der Gegenbesuch zum Beethoven-Festival bislang noch aus.

Ein anderer Bereich, bei dem man auf eine fruchtbare, erfolgreiche und langanhaltende Zusammenarbeit hoffen kann, ist die Kinder- und Jugendarbeit. Nicht nur die örtliche Sektion der Pfadfinder kann sich einen Jugendaustausch gut vorstellen, wie man im Gespräch erfuhr. Auch in der Grundschule Metelkovo in Teplice hofft man auf die regelmäßige und dauerhafte Chance eines Austausches der dortigen Deutschlassen mit Bad Kissingen. Die ersten Schritte hierfür wurden bereits getan. So war Herr Rak, der seinen Gästen mit großer Leidenschaft die Stadt vorstellte, bereits mehrfach mit einer Schulklasse in Bad Kissingen und hat Kissinger Schüler in Prag und Teplice empfangen. Zustande kam dieser Kontakt nicht zuletzt über die Bildungs- und Begegnungsstätte Heiligenhof, dessen Träger die Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk ist. Und auch auf sportlicher Ebene gibt es bereits erste Erfolge zu verbuchen. Die Jugendfußballmannschaft des FK Teplice durfte sich im letzten Jahr beim Rimini-Cup in Hausen mit internationalen Gegnern auf dem Rasen messen. 

Im Gespräch mit dem jüdischen Kulturverein ULPAN war zu erfahren, dass sich der Verein, der sich weniger mit der leidvollen jüdischen Geschichte im 20. Jahrhundert auseinandersetzt, als viel mehr für ein modernes, kreatives und lebensbejahendes Selbstbild jüdischen kulturellen Lebens einsteht, ebenfalls über gemeinsame Projekte in der Jugendarbeit oder aber auch im Musik- und Konzertbereich freuen würde. Ähnlich offen und aufgeschlossen für einen Austausch zeigte sich der Musikklub Tepjazz mit seiner sehr erfolgreichen Kleinkunstbühne, vor der dieser ereignisreiche Tag bei einem stimmungsvollen A-Capella-Konzert zu Ende ging. 

Zahlreiche motivierende Eindrücke haben die Mitglieder des Städtepartnerschaftskomitees schließlich mit zurück nach Bad Kissingen genommen. Wahrscheinlich werden nicht alle Ideen, die an diesem Wochenende geboren und diskutiert wurden, umzusetzen sein. Auf der anderen Seite haben einige Projekte bereits einen gelungenen und für die Zukunft vielversprechenden Start genommen. Jetzt liegt es an den vielen engagierten Menschen hier in Bad Kissingen und dort in Teplice, dass aus diesen ersten zaghaften Verbindungen mehr entstehen kann.

Text: Philipp Dippl
 

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