Autor: Hans-Jürgen Beck

„Kissingen war unsere Heimat über Jahrhunderte…“ - Eine Chronik jüdischen Lebens in Bad Kissingen

Bis zur Deportation der letzten Kissinger Juden im April und September 1942 besaß Bad Kissingen eine der größten jüdischen Gemeinden in Bayern, deren Wurzeln sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lassen.

Nach Jahrhunderten der Ausgrenzung, Diskriminierung und Armut gelang es den Kissinger Juden, sich im Lauf des 19. Jahrhunderts zunehmend zu emanzipieren und zu integrieren. Nach ihrer rechtlichen Gleichstellung im Kaiserreich gestalteten sie das kulturelle, wirtschaftliche, religiöse und politische Leben ihrer Heimatstadt maßgeblich mit.

Mit der monumentalen Neuen Synagoge in der Maxstraße besaß die Gemeinde eine der eindrucksvollsten Synagogen in Bayern. Bedeutende jüdische Gelehrte wirkten hier als Rabbiner und waren über die Grenzen der Kurstadt hinaus für die jüdischen Gemeinden im größten bayerischen Distriktsrabbinat zuständig.

In der NS-Zeit wurden die jüdischen Einwohner durch eine Vielzahl antisemitischer Aktionen, die in den Ausschreitungen der Pogromnacht 1938 und der Deportation 1942 gipfelten, zunehmend ausgegrenzt, verfolgt, vertrieben und schließlich auch ermordet. Nach dem Krieg entwickelte sich neues jüdisches Leben zunächst durch Displaced Persons, später vor allem durch die Familie Weissler, jüdische Kurgäste und das Kurheim Beni Bloch.

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1 Vorwort, Dank und Hinweise zum Inhalt und Aufbau dieser Seiten

Die Kissinger Juden, die sich als deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens verstanden, sahen sich bereits im Kaiserreich und der Weimarer Republik mit einem wachsenden Antisemitismus konfrontiert, der in der Verfolgung der NS-Zeit kulminierte.

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2 Die jüdische Gemeinde vom Mittelalter bis zur Weimarer Republik

Nach dem blutigen Rintfleischpogrom 1298 waren die Kissinger Juden über Jahrhunderte einschneidenden Restriktionen unterworfen. Im 19. Jahrhundert gelang es ihnen zunehmend, sich aus Armut und Ausgrenzung zu befreien und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Der immer stärker werdende Antisemitismus sollte sich jedoch als Kehrseite des gesellschaftlichen Aufstiegs erweisen.

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3 Die Zeit des Nationalsozialismus

Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler änderte sich das Leben für die Kissinger Juden schlagartig. Freunde und Nachbarn brachen den Kontakt ab, Kunden mieden jüdische Geschäfte und Hotels, örtliche Behörden und Parteistellen ersannen immer weitreichendere Maßnahmen, die das private und öffentliche Leben der jüdischen Familien immer stärker einschränkten. Die Verfolgungsaktionen gipfelten schließlich im Novemberpogrom und in den Deportationen im April und Mai 1942.

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4 Nachkriegszeit und Bundesrepublik

Die Vernichtungspolitik der NS-Diktatur sollte in Bad Kissingen nicht das letzte Wort haben. Nach dem Krieg entwickelte sich in der Kurstadt neues jüdisches Leben. Verschiedene Projekte der Erinnerungskultur setzten sich in den letzten Jahrzehnten mit den Verbrechen der NS-Zeit und dem Schicksal der jüdischen Familien auseinander. Der Landkreis Bad Kissingen schloss eine Partnerschaft mit dem Landkreis Tamar.

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5 Jüdische Gemeindeeinrichtungen und Vereine

Die jüdische Kultusgemeinde in Bad Kissingen entwickelte über die Jahrhunderte ein vielfältiges Engagement, das sich besonders sichtbar im Bau der Neuen Synagoge in der Maxstraße, dem jüdischen Friedhof in der Bergmannstraße, einem regen Vereinsleben sowie der israelitischen Kinderheilstätte und dem israelitischen Kurhospiz niederschlug, zwei Kureinrichtungen von überregionaler Bedeutung.

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6 Die Kissinger Rabbiner und ihre Familien

Kissingen entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einem Zentrum jüdischen Lebens im nördlichen Unterfranken. Mit Dr. Lazarus Adler, Moses Löb Bamberger, Dr. Seckel Bamberger und Max Ephraim besaß die Kurstadt bedeutende Rabbiner. Von 2005 bis zu seinem Tod 2019 konnte Rabbiner Tuvia Hod in den Sommermonaten an diese große Tradition anknüpfen.

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7 Die Familien Goldstein, Kissinger, Stahl und Eisenburg

Der langjährige Kissinger Stadtrat Otto Goldstein flüchtete vor der wachsenden Diskriminierung in der NS-Diktatur in den Freitod. Die weitverzweigte Familie Kissinger, die in Bad Kissingen eine angesehene Herrenschneiderei betrieb und mit der Familie Eisenburg durch Heirat verwandt ist, trägt ihre enge Verbundenheit mit der Saalestadt bereits im Namen. Sie brachte eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten hervor.

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8 Die Familien Kugelmann, Neustädter, Neumann und Rosenau

Während sich die Mitglieder der alteingesessenen Familien Kugelmann, Neumann und Rosenau als Kaufleute, Antiquitätenhändler, Möbelhersteller, Kurhausbesitzer, Kunsthistoriker und Juweliere einen Namen machten, engagierte sich der Schochet und Kultusbeamte Gustav Neustädter in der jüdischen Gemeinde, deren letzter Vorstand er war.

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9 Die Familie Ehrlich

Die Ehrlichs, die sich in Kissingen bis ins 18. Jahrhundert auf den „Schutzjuden“ Samuel zurückverfolgen lassen, gehörten zu den angesehensten jüdischen Familien der Kurstadt. Der kgl. Bayerische Hoflieferant Felix Ehrlich wurde 1899 als erster Jude in das Gemeindekollegium und später in den Stadtrat gewählt. Seine Familie betrieb in der Ludwigstraße das eleganteste Modehaus der Stadt. Joske Ereli, der als Hans Josef Ehrlich in Bad Kissingen zur Welt kam und mit 16 Jahren nach Palästina emigrierte, wurde zum Motor der Landkreispartnerschaft Bad Kissingen/Tamar.

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10 Die Familien Löwenthal, Schwab, Liebmann, Kauders, Lonnerstädter, Ehrenreich und Jeidel

Die alteingesessene Familie Löwenthal stellte mit dem Kultusvorstand Hermann Löwenthal und den Bankiers Ludwig und Abraham Löwenthal bedeutende Persönlichkeiten. Die aus Steinach stammenden Gebrüder Daniel und Louis Liebmann gründeten in Bad Kissingen ein gutgehendes Textilkaufhaus. In derselben Branche war auch der gebürtige Hamburger Josef Kauders tätig, während die Familien Ehrenreich und Jeidel sich mit ihrem koscher geführten Hotel einen Namen machten.

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11 Die Familien Steinberger, Adler und Anfänger

Der Nobelpreisträger und Kissinger Ehrenbürger Jack Steinberger, nach dem das Kissinger Gymnasium benannt ist, ist sicherlich das bekannteste Mitglied der Familie Steinberger. Für die jüdische Gemeinde in der Kurstadt war sein Vater Ludwig als langjähriger Kantor und Religionslehrer von großer Bedeutung. In der weitverzweigten Familie Steinberger finden sich aber noch zahlreiche andere interessante Persönlichkeiten.

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12 Die Familien Frank, Heymann, Losmann, Bach und Apolant

Die bewegte Geschichte des Viehhändlers Lazarus Frank und seiner Familie wurden von W. G. Sebald und Klaus Gasseleder literarisch verarbeitet. Das vielfältige Engagement des Kaufmanns Solms Heymann konnte ihn und seine Frau nicht vor der Deportation nach Theresienstadt bewahren. Sein Sohn Hartwig Heymann wurde über zehn Jahre von seiner Familie getrennt. Der Alteisenhändler Josef Losmann und seine Schwester wurden 1942 deportiert und im Raum Lublin ermordet. Überregionale Bedeutung erlangte das Sanatorium der zum Christentum konvertierten Familie Apolant in der Menzelstraße.

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13 Die Familien Heilner, Schwed, Leuthold, Engel, Seligsberger, Kraus, Hamburger, Oberzimmer und Mainzer

Einigen Mitgliedern der Familie Heilner gelang es durch Auswanderung nach Amerika im 19. Jahrhundert, der bitteren Armut und den örtlichen Restriktionen zu entkommen. Die Wurzeln der Familie Schwed reichen in Kissingen bis zum 30-jährigen Krieg zurück, in dem der Büchsenmacher Koppel Meyer als „Jud Schwed“ zur sagenhaften Gestalt wurde. Einen anschaulichen Einblick in das Leben der Familie von Josef und Sophie Engel gewährt die Autobiografie ihres Neffen. Die weitverzweigten Familien Kraus, Oberzimmer, Mainzer und Hamburger lassen sich auf den Erthal´schen „Schutzjuden“ Meier Löb im sog. „Judenhof“ zurückführen.

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14 Weitere Biografien jüdischer Familien (von A bis F)

Die Biografien dieses Abschnitts verfolgen die Lebenswege der Familien Adler bis Friedmann. Der Textilkaufmann Hirsch Adler wurde mit einem Teil seiner Familie Opfer der Shoah. Der Dirigent und Komponist Dr. Martin Friedmann, der einige Zeit am Kissinger Kurtheater tätig war, wurde von seinem holländischen Exil nach Sobibor deportiert und dort ermordet.

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15 Weitere Biografien jüdischer Familien (von G bis K)

Zu den jüdischen Familien und Persönlichkeiten dieses Abschnitts gehören u. a. die Dichterin Else-Lasker Schüler, deren Mutter aus Kissingen stammte, die Opernsängerin Johanna Hesse (Zapf), berühmte jüdische Kurgäste wie Meyerbeer, Liebermann, Einstein, Straus, Fall und Döblin sowie die zum Christentum konvertierte Vally Sonnenthal, die aufgrund ihrer Ehe mit dem nichtjüdischen Arzt Dr. Otto Ihl als einzige Jüdin die NS-Zeit in Bad Kissingen überlebte.

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16 Weitere Biografien jüdischer Familien (von L bis P)

Unter den besprochenen Familien dieses Abschnitts befinden sich auch einige Ärzte. Ihr selbstloser Einsatz für Kranke bewahrte sie nicht vor der Verfolgung durch das NS-Regime: Während Benno Latz 1938 nach Amerika auswandern konnte, wurden Sally Mayer und seine Frau Irma, die Tochter des langjährigen Kissinger Stadtrats Nathan Bretzfelder, sowie Philipp und Alfred Münz in Theresienstadt bzw. Auschwitz ermordet.

„Kissingen war unsere Heimat über Jahrhunderte…“ - Eine Chronik jüdischen Lebens in Bad Kissingen Autor: Hans-Jürgen Beck

17 Weitere Biografien jüdischer Familien (von R bis Z)

Beschrieben werden die Lebenswege jüdischer Familien mit den Buchstaben R-Z. Zu ihnen gehören u. a. die Industriellenfamilien Sachs und Stein, die Geiger Charles Snoeck und Josef Lengsfeld, die weitverzweigte Kissinger Familie Wittekind und Klara Scher, die wegen eines Gedichts von Stefan Zweig, das sie von einem „Stürmer“-Kasten abgeschrieben hatte, denunziert und in der „Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg“ in der Gaskammer ermordet wurde.

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18 Berühmte jüdische Kurgäste

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert suchten auch zahlreiche jüdische Kurgäste das Weltbad Kissingen auf. Von den 34 000 Kurgästen, die sich hier um 1900 aufhielten, waren mindestens ein Drittel Juden.

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19 Jüdische Angestellte

Als internationaler Kurort mit zahlreichen jüdischen Sanatorien, Pensionen und Kureinrichtungen wie der israelitischen Kinderheilstätte und dem israelitischen Kurhospiz war Bad Kissingen auch für viele Arbeitssuchende eine lohnende Anlaufstelle, um hier eine Beschäftigung zu finden. Während manche von ihnen längere Zeit in Bad Kissingen blieben, verließen andere schon nach kurzer Zeit die Saalestadt wieder.

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20 Auswärtige jüdische Schülerinnen und Schüler der Kissinger Realschule

An der Kissinger Realschule, über deren Geschichte in der NS-Zeit das Kapitel 3.2 näher informiert, lag der Anteil der jüdischen Schülerinnen und Schüler vor der NS-Zeit über dem der evangelischen Schülerinnen und Schüler. Viele von ihnen stammten aus der weiteren Umgebung von Bad Kissingen. Die meisten konnten nicht von Zuhause aus pendeln und mussten sich in der Kurstadt ein Zimmer nehmen. Umfangreichere Biografien zu Lily Lichtenauer, Paul Klingenstein und Sofie Stühler werden in eigenen Kapiteln (15.23, 16.6 und 17.23) behandelt. Dies gilt auch für die jüdischen Realschülerinnen und Realschüler aus Bad Kissingen, deren bekanntester sicherlich der spätere Nobelpreisträger Jack Steinberger ist.

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21 Nachwort, Zeittafel, Grundzüge jüdischen Lebens, Quellen- und Literaturverzeichnis

Während das Nachwort einen Bezug zur aktuellen Situation in Deutschland herstellt und die Zeittafel einige der wichtigsten Ereignisse in der jüdischen Geschichte Bad Kissingens zusammenfasst, erläutert das Kapitel über Grundzüge jüdischen Lebens einige zentrale Aspekte des Judentums. Das abschließende Literaturverzeichnis gibt einen Überblick über einige der wichtigsten Quellen.

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